shipping news II

stefan am 12. Februar 2002 um 01:03 Uhr



Gestern war also in “The Shipping News”. Lasse Hallström macht es sich in diesem Film sehr einfach und geht damit dem eigentlich spannenden, bemerkenswerten des Romans von Annie Proulx aus dem Weg. Proulx’ Text beschreibt die Rückkehr eines Mannes aus New York nach Neufundland, woher seine Ahnen stammen. Quoyle, so heißt der Protagonist, ist eine in fast jeder Hinsicht beschädigte Person. Er hat seine, ihn sowieso ständig betrügende Frau bei einem Autounfall verloren; schon sein Vater hielt ihn für einen Versager; Er ist von der schnellen New Yorker Umwelt überfordert, ist fett und nicht nur körperlich etwas behäbig.
In Neufundland wird Quoyle Teil einer Gesellschaft, die fast nur aus gestrandeten, verletzten Personen besteht. Eine von ihrem Mann verlassene Frau; seine Tante, die von ihrem Bruder, Quoyles Vater, missbraucht wurde; einen gestrandeten Weltumsegler etc. In dieser Gesellschaft findet er die Liebe und das Glück.
Soweit hält sich auch Hallström an die Story.
Was das Faszinierende des Textes ausmacht und die Figuren des Romans bestimmt, ist aber ihre Ambivalenz. Sie finden ein gewisses Maß an Glück. Aber über ein gewisses Niveau geht dieses Glück nie hinaus. Immer bleiben die Narben der früheren Verletzungen sichtbar. Das gefundene Glück wirkt immer zerbrechlich. Immer schwebt etwas Bedrohliches über den Personen.

Bei Hallström werden die Figuren einfach nur glücklich. Quoyle findet seine Frau, er setzt sich in seinem Job durch, das Böse fällt in sich zusammen und auch Tante Agnes findet ihre Liebe. Während Quoyle sich im Buch sehr, sehr langsam in der neuen Welt einlebt, vorsichtig und verängstigt und keineswegs nur durch seine Art sein Leben in den Griff bekommt, ist er in Hallströms Film eher ein Typ Aufsteiger, ein Self-Made-Man.
So filmt Hallström am Text vorbei.
Dennoch sind Kevin Spacey in der Rolle des Quoyle und Rhys Ifans in der Rolle des Nutbeem großartig. Juliannne Moore, schön wie immer, ist als Weavey Prowse meiner Meinung nach allerdings die falsche Besetzung.

Natürlich wollte ich hier Fotos präsentieren und hatte meine Digitalkamera dabei. Dann versagten aber die Batterien, so dass ich nur Heino Ferch, der den Film ankündigte (oben) und einen völlig verwackelten Kevon Spacey (links) anbieten kann.

Ein Kommentar zu “shipping news II”

  1. Julia,

    war halt doch leider irgendwie Hollywood, Julianne Moore war zu schön, Kevin Spacey zu dünn (im Buch spielt seine körperliche Ungelenkigkeit aufgrund seiner Körperfülle eine grosse, nahezu metaphorische Rolle) und Neufundland zu süßlich (im Buch kämpfen sie alle viel mehr mit dem ewigen Schnee). Vor allem spricht Quoyle zum Schluss davon, dass ein gebrochenes Herz vielleicht doch heilen kann, aber der Quoyle von Spacey war gar keine gebrochene Figur mehr, als er das sagt. Vielleicht hören die Enttäuschungen bei der filmischen Umsetzung von geliebten Büchern nie auf (früher dachte ich, dass ist nur bei Kinderbüchern so, weil man da viel mehr Phantasie hineininvestiert, aber langsam glaube ich, dass gilt auch für alle andere Literatur).

Dein Kommentar:

Hinweis: Es kann passieren, dass ein Kommentar wegen gewisser Spamfilter aus Versehen in die Moderationsschleife gerät. Ich bitte dies zu entschuldigen. Der Kommentar wird aber, sobald ich das bemerke, in der Regel freigeschaltet.
Ich behalte es mir allerdings auch vor, Kommentare, die mir nicht passen, zu löschen.

You must be logged in to post a comment.


akzent