ihr kinderlein kommet
bodo am 23. Januar 2003 um 12:40 Uhreine welle von in dieser massivität bisher nicht erlebtem fröhlichen zeugens und gebährens im freundes- und bekanntenkreis umspült mich derzeit. ich beobachte das mit interesse, anteilnahme und befremden zugleich. man lernt jedenfalls einiges dazu: zum beispiel über die plazenta. es scheint üblich, nach der geburt die eltern zu fragen, ob sie den mutterkuchen behalten wollen, denn es gibt anscheinend zum beispiel die sitte, sich das teil als festmahl zuzubereiten und in uriger runde gemeinsam zu verspeisen (dazu siehe auch hier). manche graben die plazenta auch ein, und pflanzen einen baum darauf - geht noch, ist aber eigentlich auch schon bizarr genug. jedenfalls gibt es da wohl etliche möglichkeiten. ja und was passiert mit der plazenta, wenn man sie nicht haben will? dann (und diese info stammt aus berufenem gynäkologen-munde) verkloppt die klinik das ding für so ca. 40-50? an die kosmetik-industrie. bei allem heiligen respekt vor dem wunder der geburt: iiiiiiiiiihhhhgiiiiiittttttt. ich schmier mir doch nicht die plazenta wildfremder leute ins gesicht. aber wahrscheinlich ist der daraus gewonnene extrakt eh nur in clarins-, shiseido- oder weiß der teufel welchen produkten ab 150,-? der tiegel enthalten. der gewöhnliche face-booster dürfte davon nicht betroffen sein, hoffe ich zumindest.
[Update: siehe auch hier.]
face-booster hört sich sehr nach ‘clinique’ an.
http://www.tabloid.net/1998/05/29/D3.html
http://www.lipoclinic.ch/index.html?http://www.lipoclinic.ch/hcg/hcg.htm
Plazenta-Infos gibt es auch hier. Besonders der letzte Link ist zu empfehlen!
http://www.straightdope.com/classics/a3_104.html
http://www.semmelweis.com/sanumpost/60/plazenta.pdf
http://www.oyobidenai.pwp.blueyonder.co.uk/placenta_p/
cool, nach solchen links habe ich ewig gesucht, aber nichts entsprechendes gefunden. merci!
ist das btw. nicht eine form von kannibalismus? mein ekel gegnüber diesem ritual entspringt zumindest ganz eindeutig dem tabu, teile von menschen zu essen.
Auch dafür gibt es schon die passende (wenn auch teilweise merkwürdig anmutende) Antwort im Internet (http://www.bfgev.de/dggk/9/89.html):
‘Meine Frau hat eine halbe Stunde nach der Geburt jedenfalls davon gegessen, nachdem ich ihr Häppchen des leberkäsartigen rosig-schwammigen Teils zum Nachahmen vorgegessen hatte. Meine Überraschung dabei: Die Plazentastückchen schmecken nicht im geringsten nach Fleisch. Sie besitzen den feinen, unaufdringlich-zarten Geschmack von Baumkuchen. Heißt vielleicht nicht auch deshalb die Plazenta ?Mutterkuchen??
?Mein Gott, jetzt bist Du mit Deiner Frau auch noch zum Kannibalismus übergegangen! Wir sind doch keine Tiere! Wir müssen doch nicht alles so machen wie die!?
Das hat nichts mit Kannibalismus zu tun. Du leckst ja auch Dein Blut ab, wenn Du Dich in den Finger geschnitten hast. Und wenn ich mal als große Ausnahme ein Stückchen Fleischkuchen von einem geliebten, gesund lebenden Wesen zum Mutmachen zu mir nehme, na - mich kratzt da Dein Einwand nicht ein bißchen!
Überlege nur, welche Urkraft an Prägung dahinter steckt, wenn ein Tier, was nie in seiner Entwicklungsgeschichte oder je in seinem Leben Fleisch auch nur angerührt hat, jetzt seine Nachgeburt aufißt! Diese Urprägung müßte eigentlich auch noch in den Menschenfrauen stecken.
Und so bitte ich Euch Gebärende, alles Geniertsein einmal hintanzustellen und mir zu berichten, ob nach der Geburt Eures Babys vielleicht ein Gefühl leicht in Euch aufkeimte, etwas von der Plazenta zu essen… Die mutigen Muttis, die ihrem Wohl zuliebe von ihrer Plazenta gegessen haben, mögen mir bitte auch sagen, wie schnell sie dadurch wieder fit wurden.’
Das Argument, ob das eigene Blut trinken Kannialismus ist (natürlich nur bei einer zufällig entstanden Wunde, nur damit es hier keine Missverständnisse gibt), finde ich nicht schlecht. Es ist ein Unterschied, ob es eigene oder fremde Körperteile sind. Bei selbst ab/-rausfallenden Teilen mag es okay sein, diese zu verzehren, schliesslich essen Kühe (die sonst kein Fleisch essen) auch ihre Plazenta und manche Schlangenarten ernähren sich von ihrer alten Haut. Problematisch wäre es allerdings, wenn man darüber nachdenkt, wem die Plazenta gehört, der Mutter oder dem Baby. Gehört’s zum Baby, dann ist die ganze Esserei einfach eklig (ist sie ja auch so schon). Schlimmer, und eindeutig Kannibalismus, sind solche Erzählungen vom Essen abgetriebener Föten (”Kannibalismus in China”), aber es gibt dafür keine gesicherten Quellen, eher Gerüchte http://www.chinasucks.org/fetal.htm. Es gibt dazu berechtigte Gegentheorien, die besagen, der Vorwurf des Essens der eigenen Kinder sei ein sehr alter, eine ‘Hexenjagd’. Angefangen bei den fühen Christen, später sollen es die Juden gewesen sein, aktuell die Chinesen. Ein variabler Vorwurf gegen jeweilige ‘Klassenfeinde’.
hier: http://www.mothers35plus.co.uk/placenta.htm (hintergründe, erfahrungsbericht, rezepte)
Bah!