schleyer einstweilige
stefan am 24. Oktober 2002 um 12:15 UhrAus aktuellem Anlass:
Während seiner Entführung stellte Hanns-Martin Schleyer 1977 beim Bundesverfassungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen
1. die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland, … 2. die Regierung des Landes Baden Würtemberg, … 3. die Regierung des Freistaats Bayern, … 4. die Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen, … 5. den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, mit dem Begehren:
Hilfsweise: Die Antragsgegner haben es zu unterlassen, die Freilassung und Gewährung freier Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland von namentlich von den Entführern des Antragstellers benannten Häftlingen zu verweigern, die zur Abwendung der gegenwärtigen, nicht anders zu beseitigenden Gefahr für Leben und Leib des Antragstellers unabdingbar erforderlich sind.”
Das Gericht lehnte in seinem Schleyer-Urteil den Antrag mit der Begründung ab, dass zwar der Staat aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 iVm Art. 1 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz verpflichtet sei, das menschliche Leben zu schützen und es auch vor rechtswidrigen Eingriffen von seiten anderer zu bewahren.
Wie die staatlichen Organe ihre Verpflichtung zu einem effektiven Schutz des Lebens erfüllen, sei von ihnen aber grundsätzlich in eigener Verantwortung zu entscheiden. Sie befänden darüber, welche Schutzmaßnahmen zweckdienlich und geboten seien, um einen wirksamen Lebensschutz zu gewährleisten.
Das Bundesverfassungsgericht könne daher den zuständigen staatlichen Organen keine bestimmte Entschließung vorschreiben. Es liege in der Entscheidung der Antragsgegner, welche Maßnahmen zur Erfüllung der ihnen obliegenden Schutzpflichten zu ergreifen seien.
Mir sind kürzlich erst die Augen bezüglich meiner Sozialisation aufgegangen, als ich in der Süddeutschen einen Bericht zum Jahrestag las. Überschrift war “Gedenken an die Opfer der RAF” oder so ähnlich. Es hat aber ewig gedauert, bis ich kapiert habe, dass die Überschrift sich nicht auf die Toten in Stammheim bezieht. Muss ich mir Sorgen wegen meiner rechtsstaatlichen Gesinnung machen?