Heimat letzter Teil

stefan am 29. Dezember 2004 um 22:44 Uhr

HeimatMein vorerst letzter Beitrag zur Hunsrücker Heimat:
Einen Weihnachtsbesuch bei meiner Großmutter im Hunsrück nahm ich zum Anlass, um eine kleine Fotosafari zu machen und einige Stationen von Edgar Reitz’ ‘Heimat1′ und ‘Heimat3′ aufzusuchen. Mit dabei: meine Digitalkamera und mein Vater als Kontaktmann zu den Eingeborenen.

Karte HunsrückDer Weg führte von Oberhausen, dem Wohnort meiner Großmutter über Hennweiler nach Woppenroth, im Film Schabbach genannt. Von dort ging es nach Gehlweiler, wo das ‘Simonsche’ Elternhaus und die Schmiede stehen, weiter nach Sargenroth, wo die ‘Simons’ begraben liegen und zum Abschluss nach Ravengiersburg.

Oberhausen
Oberhausen Aber von vorne:
Meine Großeltern besaßen einen Bauernhof in Oberhausen im Hunsrück. Bis Mitte der 80er Jahre fuhren meine Eltern mit meiner Schwester und mir regelmäßig dorthin. Als Kind war es dort noch spannend: Tiere, Traktor fahren, Hausschlachtungen, die Ernte. Sonst aber war einfach nicht viel los und irgendwann gab es faszinierendere Dinge als Tiere und Hausschlachtungen. Der Hunsrück wurde immer weniger interessant und immer mehr zum Inbegriff der Langeweile schlechthin. Kurzfristig trat noch einmal eine Änderung ein, als in den 80er Jahren ‘Heimat’ gedreht wurde. Der ganze Hunsrück war in Aufregung. Endlich passierte hier etwas und zwar hautnah. Edgar Reitz lieh sich von meinen Großeltern einige bäuerliche Gegenstände für den Film, meine Großmutter lehrte Gudrun Landgrebe das Melken. Noch heute erzählt meine Großmutter manchmal davon, wie ihr die Landgrebe zum Dank für die Melklehrstunden einen Kuss gab.

Woppenroth
Woppenroth alias SchabbachVon Oberhausen aus ging es also zunächst nach Woppenroth oder wie der Hunsrücker sagt ‘Wobbert’, das im Film Schabbach heißt. Hier spielt der größte Teil des ersten Teiles von Heimat. Und so finden sich hier noch die Gaststätte Molz, die Kirche und der ganz oben dargestellte ‘Heimat-Stein’. Eigentlich wollte ich das Film-Ortsschild ‘Schabbach’, das nach dem Ende von ‘Heimat’ vor Woppenroth aus Marketinggründen belassen wurde, fotografieren. Wie mir aber ein Einheimischer erzählte, existierten diese Schilder nicht mehr. Nachdem sie am laufenden Band gestohlen wurden, habe man es irgendwann aufgegeben, neue Schabbach-Schilder aufzustellen.

VerfallÜberhaupt wirkt der ganze Ort völlig herunter gekommen. Das liegt zum einen daran, dass die Straßen fast des gesamten Ortes komplett entfernt wurde. Zum anderen scheint es ein grundsätzlich hunsrück-spezifisches Phänomen zu sein: Ein ärmlicher Landstrich, wenige Arbeitsplätze, die jungen Leute ziehen weg, die Hälfte der Häuser schien verlassen und auch für Renovierungen scheint kein Geld da zu sein. Aber eine neue Bushaltestelle gibt es:

Woppenrother Bushaltestelle Schieferhaus

Gehlweiler
Gehlweiler SchmiedeWeiter nach Gehlweiler, hunsrückisch ‘Gehlwiller’. Über den Kellenbach, hunsrückisch ‘die Kellenbach’, geht es hinein in das etwas besser erhaltene Gehlweiler. Dort finden sich sowohl die Simonsche Schmiede, wie auch das Simonsche Elternhaus. In dem Moment, in dem ich die Schmiede fotografierte, kam der Besitzer aus derselben herausgerannt und lud mich ein, doch auch die Schmiede von innen zu besehen. Zufällig sei heute die Schmiede in Betrieb. Als er erfährt, dass mein Vater selbst Hunsrücker ist, wird er redselig: Er sei zwar aus Gehlweiler, wohne jedoch bereits seit Jahren in Darmstadt und habe das Elternhaus und die Schmiede gekauft, nachdem diese nach Ende der Dreharbeiten zu Heimat1 abgerissen werden sollten. Jetzt nutze er es als Wochenendhaus und öffne die Schmiede manchmal für einen befreundeten Schmied.

SchmiedDer Schmied war eher schweigsam. Auf Nachfrage, woran er denn arbeite, erzählte er aber, er schmiede eine Lampe für seinen Auftraggeber, der darauf bestanden habe, dass diese in der Schmiede aus dem Film geschmiedet werden müsse. Normalerweise mache er sowas ja in der Fabrik, weil der Auftraggeber aber ein Freund sei, habe er sich darauf eingelassen.

Nachfolgend noch das Elternaus und noch ein Schmiedfoto.
Elternhaus Schmied

Sargenroth
Nunkirche Weiter ging es dann nach Sargenroth, wo die wirklich hübsche Nunkirche, hunsrückisch ‘Unkerich’ oder so ähnlich, steht. Auf dem Friedhof um die Kirche werden im Film sämtliche Simons begraben und auch Rudi Molz findet dort seine letzte Ruhestätte. Außer mir hatten sich noch vier andere Touristen auf den Friedhof verirrt und suchten das Grab der Simons. Nach wie vor finden sich am Rande des Friedhofs nämlich noch das Familiengrab der Simons und daneben der Grabstein von Ernst Simon. Damit es keine Verwechslungen gibt, sind auf den Grabsteinen kleine weiße Aufkleber angebracht, die besagen: “Dieses Grab ist eine Attrappe der Edgar Reitz Filmgesellschaft. Wird nach den Filmarbeiten wieder entfernt.” Zu letzerem ist man wohl noch nicht gekommen.

Nachfolgend der Simonsche Grabstein und ein Blich von der Nunkirche in die endlosen trostlosen Weiten des Hunsrück.
Grabstein Der Hunsrück

Ravengiersburg
HunsrückdomDie letzte Station war dann Ravengiersburg, hunsrückisch ‘Rawegiersbursch’. Dort kann man den sogenannten Hunsrückdom sehen, eine für diesen kleinen Ort völlig überdimensionierte Kirche mit angeschlossenem Kloster. In Heimat1 findet dort die Christmette von 1935 statt und in Heimat3 wird dort irgend ein Simon getauft.

Nicht nur, dass der Hunsrück ein karger, ärmlicher Landstrich ist, er sieht auch so aus. Klassischer Weise sind die Häuser mit Schiefer, hunrückisch ‘Layen’ beschlagen, was ihnen stets ein graues Äußeres verleiht. Da auch der Himmel zumeist grau ist, sehen die Orte stets dunkel, grau und düster aus. Das wurde auch durch die Renovierungen in den 50 Jahren nicht besser, die noch heute überall zu sehen sind. Der graue Schiefer wurde ersetzt durch graue Kunstkacheln oder graue Aluminiumbeschläge. Nur ab und zu schlägt ein Hunsrücker über die Stränge und bemalt sein Haus rosa. Auf die der Straße zugewandte Seite malt er dann meist noch groß eine Werbung für Kirner Bier.

Ravengiersburg grau in grau

Soweit meine kleine Heimat-Hunsrück-Fotosafari.

3 Kommentare zu “Heimat letzter Teil”

  1. MiddleOfNowhere,

    Ich hätte vor gut acht Jahren mit meiner damaligen Freundin da ganz in der Nähe ein Haus kriegen können, von ihren Eltern. War gewissermaßen übrig. Bin froh, dass ich es nicht getan habe. Mit der richtigen Mentalität kann man sicher auch in dieser schweigsamen, zurückgenommenen Landschaft ganz froh werden. Wenn man innen schon ein bisschen brüchig ist und in einer brüchigen Beziehung lebt und sich im Griff schwarzbrauner Schwiegereltern weiß, endet so was wohl dann doch eher am Strick unterm Dachboden.

    Merkwürdige Landschaft, merkwürdige Häuser … Und noch merkwürdiger, dass ich heute Nacht davon geträumt habe; in einer unseligen Melange mit Scorseses “Taxi Driver”. Unquiet slumber for the sleepers.

  2. Schweitz,

    cherche photographie de Karin Rasenack dans Heimat.

    Merci

  3. Daniel Schweitz,

    cherche toujours photographie numérique de la superbe Katerine Rasenack dans Heimat….

    daniel.schweitz@free.fr

Dein Kommentar:

Hinweis: Es kann passieren, dass ein Kommentar wegen gewisser Spamfilter aus Versehen in die Moderationsschleife gerät. Ich bitte dies zu entschuldigen. Der Kommentar wird aber, sobald ich das bemerke, in der Regel freigeschaltet.
Ich behalte es mir allerdings auch vor, Kommentare, die mir nicht passen, zu löschen.

You must be logged in to post a comment.


akzent