Wieder mal zum Friseur. Ich sah schon wieder aus wie ein Künstler. Mal will ja nicht so verlaust in New York einreisen.
Also hab ich in den Westen gemacht, direkt hinter der Grenze, in Wedding, in einen Frisiersalon für die Dame und den Herrn aus der Gegend. (das klingt jetzt so, als hätt ich in den Laden uriniert. Hab ich natürlich nicht. Mir wurde erstens schon sehr früh beigebracht, dass man das nicht macht und zweitens, dass der Ossi, wenn er in den Westen abhaute, dazu ‘rübermachen’ oder ‘in den Westen machen’ sagte.)
Der Laden gefiel mir gleich. Kein neumodischer Schnickschnack, kein neumodischer Spartanismus. Ein Lädchen wie du und ich. Zum letzten Mal so um 1986 renoviert, lagen auch noch die Frisurzeitschriften und -alben aus der Zeit aus. Da warb man für Herrenfrisuren, die wie Damenfrisuren aussahen, mit Typen mit Schnauzerflaum auf Mopeds etc. Und alles mit Weichzeichner oder diesem Glitzerfilter fotografiert. Gar witzig anzusehen. Das hab ich dann auch gründlich getan, da eine junge Dame aus der Nachbarschaft noch zuende frisiert sein wollte.
Je länger das dauerte und je näher die Frisur sich ihrer Vollendung näherte, umso nervöser wurde ich. Die Frau bekam tatsächlich den perfekten 80er Jahre Haarschnitt: langes Deckhaar, kurzes Drunterhaar und dazwischen die deutliche Kante. Das ganze dann gefönt, toupiert und mit reichlich Haarspray zu einem Kunstwerk geformt.
Mit “genau so wollte ich es” und einem glücklichen Gesicht stand die Dame auf und zahlte vergnügt, nicht vergessend schöne Feiertage zu wünschen.
Entweder die Friseuse hatte seit 1986 keine neuen Frisuren mehr gelernt, oder ich war in einem Spezial-80er-Frisuren-Friseurladen. Beides war nicht gut. Ich wollte meine Haare einfach nur ein bisschen kürzer. Eigentlich ganz einfach, nur keine Kante.
Ich war dran. Die Friseuse hantierte geschickt mit Schere, Kamm und dieser Schere, deren eine Schneide gleichzeitig Kamm ist.
Und schwupps, schon hatte auch ich die Kante drin. “Ob ich zufrieden sei?”
Etwas leise, um die Frau nicht zu verletzen und um nicht den Eindruck zu erwecken, gegen etwa bestehende Regeln cooler 80er-Jahre-Friseurläden aufbegehren zu wollen, meinte ich kleinlaut, dass man das ganze ja vielleicht doch noch etwas kürzer machen könnte und vielleicht die Kante dadurch wegbekäme.
“Naja, wenn Sie unbedingt wollen, mach’ ich Ihnen da nen Übergang.”
Und sie bekam das tatsächlich wieder hin. Jetzt sind die Haare zwar etwas kurz, aber ich sehe wieder proper aus.
Interessiert keinen, ich weiß. Aber außer Vorbereitungen für die Reise passiert nicht viel im Moment.